Evangelische Kirchengemeinde Zur Heimat
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9.10.2024 · 0:04 Uhr | ||
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Rogate (Konfirmation), 25.5.2014, 11.00 | Matthäus 6,7–13 | |||||||||||||||||
Bitte!
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus,
die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen.
Amen.
Einen wirklich guten Freund oder Freundin braucht jede und jeder von uns,
und ich hoffe und wünsche euch, dass Ihr tatsächlich jemanden habt,
den Ihr zu jeder Tages- und Nachtzeit ansprechen könnt:
jemanden, der auf eine Whats-App auch mitten in der Nacht antwortet,
jemanden, mit dem man gemeinsam über Liebeskummer weinen kann,
jemanden, den man schon ganz früh am Morgen herausklingeln kann,
um die anstehenden Hausaufgaben abzuchecken,
jemanden, den man um ein Nachtquartier bitten kann
oder wo man auch mal ein Mittagessen bekommt.
Jede und jeder braucht so einen guten Freund oder eine beste Freundin,
mit der man alles teilen kann.
Einen solchen Menschen kann man ansprechen,
alles fragen, alles bitten, alles klagen, alles betrauern,
über alles gemeinsam lachen, alles austauschen.
Das gilt nicht nur für euch Konfirmandinnen und Konfirmanden,
sondern auch für alle anderen, wie jung oder wie alt man nun sein mag.
Ein ganzes Leben lang.
Dennoch, auch Freundschaften kommen an ihre Grenzen:
In der Geschichte, die Jesus erzählt hat
und die wir als Evangelium für die Kinder gehört haben,
wird einer mitten in der Nacht um Brot gebeten.
Der Mann will nicht noch einmal die Tür öffnen,
weil das ganze Haus schon schläft. Diese Bitte kommt zur Unzeit.
Aber der andere lässt nicht locker,
bittet, drängt beharrlich bis der Freund ihm endlich mit dem Brot aushilft,
das er so dringend braucht.
Jesus erzählt diese Geschichte als eine Antwort darauf, wie wir beten sollen.
Wir können Gott bitten, anflehen, drängen, beharrlich auffordern.
Gott, so sagt Jesus es uns, will gebeten sein.
Im alttestamentlichen Buch Hiob geht es sogar noch mehr zur Sache:
Hiob erhebt seine Fäuste gegen Gott.
Er rechtet mit diesem Gott. Fordert lautstark Gerechtigkeit.
All das ist ok für Gott, denn Gott will gebeten sein.
Wer mit Gott redet und rechtet, wer bittet und fleht,
wer drängt und fordert, dem ist Gott wichtig, der erwartet etwas von diesem Gott.
Und darauf kommt es an:
Beten heißt, mit Gott sprechen und Gott ernst nehmen.
Aber auch für uns stellt sich die Frage:
Wie spreche ich denn nun mit Gott?
Was soll ich sagen?
Was darf ich Gott mitteilen?
Wann kann ich mit Gott sprechen?
Wo kann ich gut beten?
Und was ist, wenn ich mitten im Gebet an etwas ganz anderes denke?
Woher weiß ich denn, ob Gott überhaupt zuhört?
Jesus ermutigt uns, nicht den fernen, strengen Gott zu denken,
sondern darauf zu vertrauen, dass Gott uns nahe ist wie ein sehr guter Freund,
ja, so vertraut wie ein Vater.
Jesus hat die Geschichte erzählt von dem Sohn,
der in die Fremde gezogen ist und sein ganzes Hab und Gut verprasst hat.
Der Sohn nimmt die schlechteste Arbeit an, um nicht zu verhungern.
Dann besinnt er sich:
Bei meinem Vater, da haben es die allerletzten Arbeiter besser als ich hier im Schweinestall.
Und der Sohn kehrt zurück,
um einer von diesen allerletzten Arbeitern seines Vaters zu werden.
Aber der Vater, so erzählt es Jesus, sieht den Sohn und eilt ihm entgegen,
um ihn in die Arme zu schließen.
Ohne viele Worte nimmt der Vater den Sohn wieder an.
Jesus will uns sagen: So ist Gott!
Einer, der verzeiht, der sich freut, wenn einer den Weg zurück findet.
Und Jesus will uns mit dieser Anrede: Vater unser im Himmel,
alle zu Geschwistern machen und in eine Gemeinschaft stellen.
Gott will unser gemeinsamer Vater sein.
Aber ist Gott nicht ganz weit weg im Himmel? Fast unerreichbar?
Wenn ich den Kindern im Kindergarten von diesem Himmel erzähle,
dann zeige ich ihnen ein Bild, auf dem man sanfte Hügel sieht
mit Wiesen und einem großen Schmetterling.
Und darüber spannt sich weit und blau der Himmel.
Wo fängt der Himmel an?
Na, der Himmel fängt dort an, wo der Boden aufhört.
Himmel kann überall sein. Mitten unter uns kann es schon anfangen.
Gott im Himmel kann uns also ganz nahe sein.
Wir sagen: „geheiligt werde dein Name“.
Wer getauft ist, der ist auf den Namen Gottes,
des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft.
Wer getauft ist, trägt also auch den Namen Gottes.
Und damit tragen wir Verantwortung für den Namen Gottes.
In seinem Namen sollen und können wir anders sein.
In seinem Namen können wir anderen freundlich begegnen und schaffen es,
unsere eigenen Ansprüche, Bedürfnisse, Sorgen auch einmal hinten anzustellen.
Den Namen Gottes heiligen, das heißt, sich besinnen,
dass es noch eine andere Wirklichkeit gibt, die durch uns hindurchscheinen darf.
Wir beten: „dein Reich komme, dein Wille geschehe!“
Es ist eine gute Vorstellung, zu denken, dass diese Welt ganz anders gedacht ist.
Wenn Menschen herrschen und regieren, dann ist da oft Machtwille und Herrschsucht,
die Gier nach Einfluss und Geld mit ihm Spiel.
Wenn Menschen herrschen, dann haben die Schwachen und die Armen das Nachsehen
und werden noch schwächer und ärmer, während die Reichen immer reicher werden.
Es ist eine gute Vorstellung,
dass unter der Herrschaft und dem Machtbereich Gottes
Gerechtigkeit einkehrt und Friede,
dass die Menschen sich gegenseitig unterstützen und den Schwachen und Armen helfen.
Darum bitten wir im Vaterunser.
„Unser tägliches Brot gib uns heute“.
Wer so bittet, der kennt Armut und Hunger
und die Angst um das Überleben am nächsten Tag.
Die Bitte um das tägliche Brot nimmt auch die Ärmsten der Armen mit in den Blick:
Brot für die Welt!
Die Bitte um das tägliche Brot
meint aber auch die Bitte um Kleidung und ein Dach über dem Kopf,
Geborgenheit in einer Gemeinschaft.
Die Bitte um das tägliche Brot meint sogar die Bitte um eine gute Arbeit,
um ein anständiges Auskommen zu haben.
Die Bitte, zu wissen, dass man
versorgt ist mit dem, was zum Leben notwendig ist.
Dennoch, gerade die Bitte um das tägliche Brot führt uns schmerzlich vor Augen,
dass wir schuldig werden an denen, die uns brauchen.
Wir bleiben anderen etwas schuldig.
Wir sind nicht vollkommen, sondern oftmals tragen wir schwer an dem,
was wir versäumen, was wir verbockt haben, wo wir andere haben hängen lassen.
Manchmal kann einen das echt bedrücken. Man fühlt sich wie gefangen.
Deshalb lädt uns Jesus ein, darum zu bitten, dass einem diese Schuld weggenommen wird.
Gott kann uns von der Last von Schuld frei machen.
Wenn ich mich aber befreit fühle, dann kann ich auch gerne dem verzeihen,
der mir etwas schuldig geblieben ist.
Verzeihen heißt ja nicht einfach „Schwamm drüber!“,
sondern es heißt: „Das, was war, soll nicht mehr zwischen uns stehen.
Wir begegnen einander auf Augenhöhe und
wagen es miteinander – trotz allem.“
„Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen!“
Immer und überall werden wir verlockt, den einfachen Weg zu gehen.
Keine Rücksicht nehmen. Einfach mal an sich selber denken.
Nicht immer alles hinterfragen, sondern einfach mal machen.
Der Versuchung widerstehen heißt,
stärker zu sein als das spontane Verlangen,
nachdenken, innehalten, Möglichkeiten abwägen.
Und gleichzeitig die Bitte darum,
dass das Böse nicht mehr das letzte Wort haben soll.
Nicht mehr das Böse soll uns gefangen nehmen
in unserm Denken und Wünschen und Streben,
sondern Gott möchte uns doch bitte davon erlösen, uns davon befreien.
Wer so das Vaterunser betet, der rechnet fest damit,
dass letztlich Gott das letzte gute Wort haben wird.
Alles Gute, alles, was unser Leben hell macht und reich und erfüllt,
das kommt aus dem Herrschaftsbereich Gottes.
Gott gibt die Kraft zum Leben.
Bei Gott können wir die Herrlichkeit schauen.
Das ist keine alte Geschichte weit aus den Tiefen der Vergangenheit.
All das gilt nicht nur jetzt und heute.
Gottes Güte und alles,
was wir von Gott erbitten, erhoffen, erwarten und erträumen dürfen,
das erstreckt sich weit in alle Zukunft –
bis in alle Ewigkeit.
Amen.
Pfarrerin Irene Ahrens-Cornely
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